Was ihr euer Freundin sagt, wenn sie als Escort arbeiten will
Das Leben in Berlin ist nicht für alle so tiefenentspannt wie der Rest der Welt den Eindruck zu haben scheint. Die Mieten steigen so schnell an, dass ich fast zusehen kann wie beim Wachstum meiner kleinen Nichte (kleines süßes fettes Baby : ). Vor einem Jahr konnte ich eine bescheidene Einzimmerwohnung zur Zwischenmiete in Friedrichshain noch für ca. 500 Euro bekommen, wenn ich etwas gesucht habe. Als ich heute wieder geschaut habe, sind wir schon bei 700 Euro.
Viele Studenten und all den anderen Existenzen in Berlin, die finanziell eher bescheiden gestellt sind, stehen vor gar nicht so kleinen finanziellen Problemen.
Eine Freundin fragte mich nun, was ich von ihrer Idee hielt, doch mal als Escort zu arbeiten, um ihre „Situation zu überbrücken“ (siehe Escort werden Berlin). Also sich von einer Escort Agentur Jobs vermitteln lassen. Was soll ich sagen, zu solchen Ideen. Ich denke, man kann trotzdem noch gut leben in Berlin, wenn man sich etwas streckt, ohne dass man allzu ausgefallene Nebenjobs am Rande des gesellschaftlichen Akzeptablen annehmen muss.
Andererseits will ich auch nicht die „ich-hebe-den-Zeigefinger-und-alles-verurteilen“ Michelle sein. Auf der Infoseite escortwerden.info fand ich widersprüchliche Infos und es war viel von „Konversation“ die Rede. Ich dachte es geht vor allem um Sex? Auf der englischen Seite wird zudem auch gezielt auf „Escort Salary“, also das Honorar der Girls eingegangen.
Darum habe ich nochmal in meiner Erinnerung und dann in meinem Bücherschrank gewühlt und dort meine alte Ausgabe von „Fucking Berlin“ gefunden. Wer das Buch nicht kennt (ist schon etwas älter), Fucking Berlin ist der autobiographische Erfahrungsbericht einer Berliner Mathematikstudentin, die als Prostituierte in unterschiedlichen Etablissements verdingte.
Sie schreibt, sie brauchte das Geld, nicht für Luxus, sondern um halbwegs über die Runden zu kommen. Das Buch enthält sehr interessante Stellen, etwa wenn Sonia über das kollegiale Arbeitsklima im Bordell berichtet. Insgesamt fällt ihr Fazit auf den Job ziemlich positiv aus. Sie sagt, es sei kein Traumjob gewesen, aber hätte ihr schnelles Geld und einen annehmbaren Lebensstandard ermöglicht, den sie mit einem normalen Studentenjob nicht hätte haben können.
Ob das so ist, ich weiß es nicht. Außerdem ist es auch etwas anderes als Escort zu arbeiten und nicht im Bordell wie Sonia. Der Unterschied zwischen Bordell und Escort: Im Bordell haben die Frauen ein festes Zimmer mit festen Arbeitszeiten und werden von Kunden besucht. Im Escort ist es umgekehrt, weil die Frauen zu den Kunden fahren. Die Preise sind im Escort deutlich höher, aber dafür gibt es weniger Jobs als im Bordell. Angeblich können sich mehr als 3% der Berliner Studenten vorstellen, in der Branche zu arbeiten. Ganz schön krass.
Infos über den Escort Jobs bzw. Marketing Versprechungen von Escortservices gibt es zu Hauf. Angeblich können auch Anfängerinnen 5000 Euro und mehr pro Monat verdienen.
Das ist der Ablauf:
- Meine Freundin, nennen wir sie ab jetzt Sarah, will Escort werden und sucht sich eine Agentur heraus. Alle seriösen Agenturen sind im Internet tätig und haben eine Webseite, über die Sarah sich bewerben kann. Sie kann eine Email mit Bildern und sonstigen Informationen über sich schicken oder sie füllt eine online-Bewerbung aus.
- Die Chefin der Agentur (häufig sind es Frauen, die vorher selbst im Escort gearbeitet haben) unterhält sich dann mit Sarah. Wenn Sarah in das Profil ihrer Agentur passt und wenn Sarah auch die Chefin mag und sich eine Zusammenarbeit mit ihr vorstellen kann, gibt es ein Fotoshooting. Die Fotos müssen sehr gut sein, denn ohne schöne Bilder werden die Kunden kein Interesse an ihr haben.
- Sie bekommt dann ein Profil auf der Webseite der Escort Agentur und wird dort den Kunden unter einem Arbeits-Namen präsentiert. Wenn jemand Interesse an Sarah hat, kann er die Agentur Chefin kontaktieren und sie macht stellvertretend für Sarah alles für das Date aus. Die Chefin informiert dann Sarah und gibt ihr alle Einzelheiten.
- Es heißt als Escort arbeiten, weil es Arbeit ist. Das Date findet meistens in einem Hotel statt und die meisten Männer erwarten sicher nicht nur Händchenhalten, sondern wollen früher oder später auch Sex. Es gibt wohl auch Agenturen, die nur Begleitung anbieten, aber nach Aussagen, die ich so gefunden habe, ist der Markt sehr klein. Klar, wenn ich für 4 Stunden Reden 800 Euro bekomme, würde ich das auch machen. Nur funktioniert es so wohl in aller Regel nicht. Wenn Sarah also wirklich Escort werden will, muss sie offen sein, mit den Kunden auch zu schlafen.
- Sie trifft also den Unbekannten. Sie tauschen ein paar Freundlichkeiten und einen dicken Briefumschlag aus, flirten etwas und nehmen vielleicht einen Drink in einer Bar. Naja und dann halt der Rest. Von dem dicken Briefumschlag gibt Sarah nach der Arbeit einen Teil an ihre Agentur ab. Danach ist der Briefumschlag wohl aber immer noch sehr dick. Warum sollte Sarah das sonst auch machen? Geld scheint mir hier die einzige vernünftige Motivation zu sein.
Das klingt so einfach in der Theorie. Vielleicht ist es das für einige Frauen auch. Für mich wäre es nichts und meinem Freund würde es auch nicht gefallen.
Ich habe mir etwas die Webseiten von Agenturen in Berlin angesehen und die meisten finde ich schrecklich. Das Wort sagt meine Oma immer und ich wollte es eigentlich nie benutzen, aber ein anderes Wort fällt mir einfach nicht ein: Einfach schrecklich.
Billige Seiten, meistens schwarz und irgendwie schreien sie einfach nach einem fetten Mangel an Seriosität. Wenn Sarah auf eine der schrecklichen Seiten will, werde ich alles tun, um sie davon abzuhalten. Dafür ist sie zu gut und ehrlich gesagt auch zu hübsch. Dann habe ich noch ein paar Agenturen gesehen, die etwas seriöser wirken, aber meistens nicht in Berlin ansässig sind.
Ich will mich aber nicht weiter in Sarahs Entscheidungsprozess einmischen. Was ich ihr also sage: Ab jetzt nichts mehr. Sie muss es selbst für sich herausfinden, ich will sie nicht weiter beeinflussen. Wenn sie sich dafür entscheidet, werde ich ihr aber helfen und ich kenne auch schon einen Fotografen, der sehr schöne Fotos macht.
Soviel heute zum Nebenjob als Escort. Der nächste Beitrag wird wieder über einen etwas normaleren Job.
PS: Wenn ihr Freundinnen habt, die als Escorts arbeiten oder gearbeitet haben und ihre Erfahrungen teilen möchten, schreibt doch bitte einen Kommentar unten. Ich freu mich.
LG Michelle